An was glaubt ihr?

Wie sieht es aus mit eurem Glauben an Gott, oder an etwas anderes? Ich wurde katholisch erzogen, meine Mutter hat immer mit mir gebetet und mir gesagt, dass ich mich Gott immer anvertrauen kann. Ich war auch viel in der katholischen Jugend und hatte da tolle Erfahrungen gesammelt. Ich war auf einer katholischen Schule und mein Arbeitgeber ist auch katholisch.
Nun bin ich schon lange erwachsen und schon lange, lange zweifel ich, ob es überhaupt irgend so etwas wie Gott gibt.
Ich würde mich als gutmütigen, gerechten, zurückhaltenden und freundlichen Menschen bezeichnen. Ich habe keine Feinde und komme mit jedem gut klar.
Irgendwie habe ich das Gefühl Gott kann mich nicht leiden. Ich bitte(bat) ihn selten um etwas, war/bin jemand, der sich oft bedankt. Auch für Kleinigkeiten.
In den letzten 15 Jahren war es so, dass nie, wirklich nie eine Bitte von mir von Gott erhört wurde. Meist ist das Gegenteil passiert und ich bekam langsam das Gefühl, Gott ergötzt sich an meinem Leid, dass er mich auslacht wenn ich ihn wieder um etwas bitte. Und ich bitte ihn nur um Dinge, die außerhalb meiner Macht stehen, die ich nicht beeinflussen kann. Es kommen nie Zeichen von ihm.
Mittlerweile ist es so, dass wenn ich anfange Gott anzusprechen, ich es sofort abbreche, weil ich Angst vor ihm habe. Aber ich bin es so gewohnt mich an ihn zu wenden.
Vielleicht ist es auch einfach nur bescheuert oder ich bin paranoid.
Wie ist es um euren Glauben bestellt?

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Hallo Urbiasaurus,

ich hatte eine furchtbare katholische Jugend, die mich zum militant antiklerikalen Atheisten für nahezu 60 Jahre gemacht hat, bis in einer Lebenskrise erstmals zu meinem persönlichen - nicht kirchlichen - Glauben finden konnte.

Für mich sind Zweifel und Skepsis, mein Hadern mit Gott, Teil meines Glaubens. Selbst wenn ich Gott verfluchen würde, dann wäre das für mich immer noch Zwiesprache mit Gott und somit eine spezielle Form meines Gebets.

Meine Gebete sind für mich ein geistiger Dialog mit Gott. Ich bitte Gott eigentlich so gut wie nie in meinen persönlichen Belangen um reale Wünsche, sondern zeige ihm meine Dankbarkeit, für das, was ich habe. Wenn ich in meinem Gebet bitte, dann für andere Menschen, denen ich in meinem Umfeld oder lockeren Kontakten begegne.

In den Momenten, in denen ich in meinem Innersten das Gefühl einer höheren Gegenwart habe, fühle ich mich geborgen und angenommen. Wie ein Kind, das sich seine eigene, kleine Höhle unter dem Tisch oder unter dem Bett baut. Meine Worte reichen nicht aus, um ein Gefühl, mein Gottesbewusstsein zu beschreiben.
Ich liebe den Begriff "Zelt Gottes":
"Denn er deckt mich in seiner Hütte zur Zeit des Unheils, er verbirgt mich im Schutz seines Zeltes und erhöht mich auf einen Felsen." Psalm 27,5.

Kurzum -ich muss jetzt zur Arbeit- ich versuche, mir selbst nichts von Gott zu erbitten, mein Gefühl seiner Gegenwart in mir reicht mir völlig aus. Das ist viel mehr, als ich mir jemals erwarten konnte.

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Hallo,

ich wurde sehr streng religiös erzogen, neuapostolisch. Kein Kino, keine Kirmes, Sonntags 2x Gottesdienst, Mittwochs einmal, zusätzlich Chorprobe, später Religionsunterricht und Jugendstunde. Ab 3 ging es Sonntags mittags in den Kindergottesdienst, dort wurden z.B. Spiele gespielt (du bist auf einen Kindergeburtstag eingeladen, du gehst aber in den Gottesdienst, du erhälst einen Segenspunkt). Wir wurden abgefragt, was Sonntags morgens im Gottesdienst gesagt wurde. Mittwochs abends gegen acht war ich als Kind sehr müde, da war ich vier (wir sassen in der ersten Reihe als Kinder). Dann hat meine Mama mich von hinten in den Arm gezwickt, damit ich wach werde (mein Kopf ist immer zur Seite gekippt). Als ich mit 17 mal nach Hause kam und niemand da war bin ich völlig verzweifelt, da ich dachte, dass Jesus alle meine Lieben zu sich genommen hat und ich als einzige zurückgeblieben bin.

Mit 18 habe ich mich von der Kirche distanziert, nachdem ich mit der Polizei drohte, wurde ich in Ruhe gelassen.
Als meine Mama starb, da war ich 20, hat meine Tante mir daran die Schuld gegeben, da ich ja nicht mehr in die Kirche gegangen bin (meine Mama hatte sieben Jahre schon Krebs).

Ich bin mit 19 200 km weit von zuhause weggezogen und habe viel Zeit damit verbracht, zu mir zu finden.

Ich glaube an Gott und an alles, was Menschen und Tieren gut tut und niemandem Schaden zufügt. Ob jemand an Gott glaubt, positive Energie, Bäume umarmt, meditiert oder so vieles mehr ist doch wunderbar, wenn der Mensch darin Trost, Hilfe und Freude erfährt.

Ich bete, danke, arbeite mit positiven Affirmationen. Ich meditiere und nehme vor allem mich und das Leben nicht bierernst.

Ich liebe meine "Arbeit", ich bin Berufsmama für Kinder, bei welchen geklärt wird, wie es weitergeht und Mama für meine vier Kinder (2 leibliche und 2 Dauerpflege). Meine drei Hunde kamen als Pflegehunde zu mir, da sie zu krank waren zum weitervermitteln blieben sie hier. Ich finde Freude und Erfüllung in meinem täglichen Tun und weiss, dass Gesundheit und Zufriedenheit keine Selbstverständlichkeit sind. Ich habe innerhalb zwei Jahren drei liebe Menschen verloren, als ich 20 war (Mama, Oma, Opa) und war immer das schwarze Schaf der Familie. Seither lebe ich mein Leben und es ist mir wirklich sehr egal, was andere von mir denken. Und das befreit enorm.

Unsere Kinder sind nicht getauft, waren aber in konfessionellen Kindergärten. Sie wissen, warum Weihnachten und Ostern gefeiert wird und ich ermutige sie, offen, tolerant, hilfsbereit und großzügig zu sein. Ihren Weg werden sie finden bzw. sind dabei und sie wissen, sie können immer und mit allem zu uns kommen.

Liebe Grüße
Delenn

Bearbeitet von delenn11
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Ich möchte noch ergänzen:
Einer meiner Lieblingsfilme ist "Dogma" mit Ben Affleck und Matt Damon zur Fehlbarkeit Gottes. Ich liebe diesen Film und den Humor und die Absurdität von Glaube und Leben.

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Besonders die relaxte "Göttin" am Schluss des Films liebe ich sehr. Alle paar Jahre komme ich wieder auf diesen Film zurück.

Für die in der Kindheit verletzten Seelen insbesondere von Katholiken - auch ehemaligen - ein heilsamer Balsam

Vielen Dank, mir diesen wunderbaren Film wieder in Erinnerung gebracht zu haben!

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Ich glaube nicht an Gott, wenn es einen gäbe hat er sich offensichtlich schon längst vom "Projekt erde" abgewandt.
(Und ja "er", denn schwanger sein hätte sich niemals eine frau ausgedacht 😅)

Diesen ansatz mit den Energien finde ich allerdings interessant.
Aber um das weiter zu verfolgen bin ich wohl zu pragmatisch.

Bearbeitet von Terenze
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Liebe Urbiasaurus!

Ich selbst wuchs katholisch auf, in meiner Jugend lebte ich mich aus und mir war der Glaube egal.

Seit gut 3 Jahren habe ich mich zu Jesus bekehrt. Reiner Glaube durch das Wort Gottes.

Kurz bevor ich mich bekehrte, gab es ein Schlüsselerlebnis.
Es zog mich zu einem Vortrag (Thema Gesundheit), der noch am selben Tag war und ich hatte schon einen anderen Termin. Doch ich spürte, ich muss dorthin, um jeden Preis!
Schließlich saß ich am Abend beim Vortrag und gegen Ende berichtete der Vortragende von seinem Zeugnis, wie er durch Umwege zu Jesus gefunden hat.
Und ich dachte mir in dem Moment: "Was ist jetzt los?"
Mich ließ es nicht los und in den darauffolgenden Tagen traf ich viele bekehrte Christen, die keiner Religion angehören und über ihre Erlebnisse mit Gott und wie sie zu ihm gefunden haben erzählten. Ich erfuhr vieles, unter anderem warum Gott kein "Bittautomat" ist (ich bete - er gibt). Gott hat den ganzen Plan vor Augen und oft sind unsere Gebete auch ziemlich egoistisch.

Ich habe ihn um Klarheit gebeten, da vieles Katholische, das ich in meiner Kindheit gelernt habe, rein gar nichts mit der Bibel zu tun hat.
Immer wieder gab es kleine Puzzleteile und dazwischen natürlich auch viele Zweifel.
Nach ca 1 Jahr erst wusste ich, dass viele Dinge falsch. oder aus dem Kontext gerissen sind, was die katholische Kirche ihren Schäfchen so predigt bzw ich gelernt habe.
Ich habe mein Leben Jesus übergeben, bete täglich, lese die Bibel etc.

Seitdem hat sich einiges geändert, vor allem meine Sicht der Dinge.
Gott liebt uns Menschen und will uns in seinen Kreise haben. Ganz nah!
Du machst es schon richtig mit beten, aber es heißt nicht, dass Gott deine Gebete nicht erhört.
Er sieht das Ganze und weiß, was dir gut tut.
Du kannst ihn alles fragen, er will nur das Beste für dich. Hab keine Angst!
Frag ihn, was er dir damit zeigen möchte, wenn er dir was anderes gibt, als das du bittest.

Ich bete viel um Erkenntnis, wenn ich etwas nicht verstehe und bekomme Antworten. Manchmal prompt, aber bei großen, komplexen Themen braucht es eben mehr Zeit.
Ich sag ihn oft: Du kennst mich, ich brauche den Schubs in die richtige Richtung! Keine Rätsel! Zeig es mir, so das ich es auch verstehen kann! 😅 Und ja, es hilft.

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Ich wurde katholisch getauft, kommuiert, gefirmt. Allerdings eher aus 'macht man so', denn aus religiöser Überzeugung. Religion hat bei meinen Eltern nie wirklich eine Rolle gespielt.
Mit 14 / 15 Jahren habe ich mich dann intensiver mit 'Gott' und 'Glauben' beschäftigt, aber irgendwie kam ich da in Sachen 'Glauben' oder 'Gibt es einen Gott und falls ja, was erwartet er eigentlich' auch nicht weiter. Frag' 50 Christen, bekommen 75 Antworten.

Irgendwann las ich dann in einem Bert Brecht Buch folgendes:
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Einer fragte Herrn K., ob es einen Gott gäbe.

Herr K. sagte: "Ich rate dir, nachzudenken, ob dein Verhalten je nach der Antwort auf diese Frage sich ändern würde.
Würde es sich nicht ändern, dann können wir die Frage fallen lassen.

Würde es sich ändern, dann kann ich dir wenigstens noch so weit behilflich sein, dass ich dir sage, du hast dich schon entschieden:


Du brauchst einen Gott."
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Und damit war mir sonnenklar: ich brauche keinen Gott und damit sind alle anderen Fragen (für mich) obsolet.

Das bedeutet nicht, dass ich keinen moralischen Kodex hätte. Meiner lautet: 'Sei kein A*schloch' und entspricht damit (vermute ich) zu wesentlichen Teilen den Ge- und Verboten der großen Religionen. Sollte ich nach dem Tod nicht in den Himmel / das Paradies / das WasAuchImmer kommen, weil einem Gott das Lippenbekenntnis zu ihm fehlt, dann vermodere ich lieber in meinem Grab, als das Leben nach dem Tod mit Ex-Menschen zu verbringen, die sich den Zutritt ins nächste Leben alleine durch ein Lippenbekenntnis (Ich glaube an Gott und bereue meine Sünden) erkauft haben.

Grüsse
BiDi

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Ich glaube an mich, an Zufälle, an eine Portion Glück und Pech im Leben, der Wettervorhersage auf Wetteronline (passt immer), nach Regen kommt Sonnenschein, an die Evolution.....an alles mögliche, nur nicht an Gott.

Er und die Kirche sind für mich eine Erfindung von machtbessenen Menschen, die selten was Gutes in der Zeitgeschichte vor hatten. So viele unsagbar schreckliche Greueltaten und Verbechen (sogar in den eigenen Reihen) sind und werden im Namen des Glaubens (auch heute noch, tagtäglich) auf der ganzen Welt begangen.

Ich glaube, das die Menschheit ein Stück besser wäre, wenn keiner glauben würde.

BTW...Angst...ein sehr gutes Stichwort....genau das ist das Ziel.

Bearbeitet von Butterstulle
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Ich bin überzeugte Muslimin und lese Parallelen zu deinem Post und den anderen Beiträgen: Als Kind war meine Erwartung auch, dass Gott meine Gebete erhört. Ich betete damals hauptsächlich für Erfolg in der Schule und Frieden in der Familie (schlimme Streits, ausgehend von meiner Schwester, waren an der Tagesordnung). Ich glaube schon, dass ich durch die Gebete Kraft gewann; sie wurden aber nicht sofort erfüllt. Viele Jahre später und rückblickend sind meine Gebete in Erfüllung gegangen. Oder aber die Dinge haben sich zum Schluss passend gefügt. Auf jeden Fall habe ich, seit ich selber Kinder habe, seltenst das Bedürfnis, mich in aller Verzweiflung an Gott zu wenden. Wenn ich es doch tun sollte, dann ohne Erwartung an einen Quick Fix. Zum Schluss - so meine Interpretation - schöpft man daraus Kraft, aber sein Leben erfolgreich in die gewünschte Richtung steuern muss man selbst.

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Ich bin Christ.

Mal platt ausgedrückt: Gott ist nicht der Weihnachtsmann. Er ist kein Wunscherfüller.
Das ist manchmal verdammt hart und es gab Zeiten, in denen war mir Psalm 22 ("Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? ... Des Tages rufe ich zu dir, doch antwortest du nicht ...") viel näher als Psalm 23 ("Der Herr ist mein Hirte ...").

Die intensivsten Gotteserfahrungen habe ich immer in den schlimmsten Zeiten meines Lebens gemacht.
Am krassesten war es für mich, als unser Sohn geboren wurde. Er kam ganz plötzlich in der 18. Woche bei uns im Wohnzimmer und wir wussten, dass er sterben wird.
Aber in den paar Minuten mit ihm, haben wir Gott ganz nah gespürt.

Es gibt Dinge, die passieren, und sie sind beschissen. Und meistens hat Gott keine Schuld, sondern irgendwelche Menschen. Und vielleicht hat er manchmal auch Schuld, aber es hat irgendeinen Sinn, den ich nicht kenne. Oder es hat keinen Sinn, aber er macht trotzdem etwas Gutes daraus.
(Wenn zum Beispiel unser Sohn nicht gestorben wäre, dann hätten wir unseren zweiten Sohn nicht. Das tut weh, aber es heißt für mich, dass Gott etwas Gutes aus dem Scheiß hat entstehen lassen - ich sehe es aber nicht als den Sinn).

Was mir sehr geholfen hat, war die Erkenntnis, dass Gott mit mir leidet und mit mir weint und auch für mich.
Der kürzeste Satz der Bibel lautet: "Und Jesus weinte." (Joh 11,35) Da weint er, weil Lazarus gestorben ist und seine Schwestern so trauern - obwohl er ganz genau weiß, dass er Lazarus gleich auferwecken wird.
Und auch Römer 8: "Ich bin überzeugt: Das Leid, das wir gegenwärtig erleben, steht in keinem Verhältnis zu der Herrlichkeit, die uns erwartet."

Die Geschichte von Josef finde ich auch super tröstlich. Dazu gibt es ein gutes Pop-Oratorium, was einen auch so mitnimmt in die Abgründe von Wut und Verzweiflung. Das hat mir schon sehr geholfen.
(https://www.youtube.com/watch?v=NkXEDFiMWR8&list=OLAK5uy_mS7H1CZ1iAz4Bp5YQO3xfYKxbALbY4gbc)

Mir hilft auch total eine Tradition aus der Familie meines Mannes:
Immer an Silvester sprechen sie über die Dinge, die im letzten Jahr passiert sind - gut und schlecht - und was sie dadurch gelernt haben.
Das hat mir echt stark den Blick geöffnet.

Und Gott anklagen, hilft mir auch immer gut.
Wenn ich sauer auf ihn bin, dann sag ich ihm das auch unverblümt.

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Ich wusste nicht, dass ich Gott anklagen darf. Ich dachte er ist dann sauer auf mich und es passiert dann etwas Schlimmes. Das ist nämlich einmal passiert. Woraus aber im Nachhinein betrachtet dann was Schönes resultierte. Es ist ähnlich wie bei dir mit deinen Kindern.

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Ein Gott den man nicht anklagen dürfte, hätte für mich keinen Wert.--Was wäre das für ein Gott? Das wäre nicht anders als ein gekränkter, strafender Mensch. Ein Gott an den ich glauben möchte oder kann steht über dem und ist unbedingt in der Lage, eben auch auszuhalten, wenn Menschen ihre Not und ihren Zweifel, Verzweiflung und ihre Wut ihm gegenüber zum Ausdruck bringen.

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Ich glaube an vieles.
Karma, Leben nach dem Tod. Ich glaube, dass Verstorbene unter uns sind - da ich Menschen kenne, die diese sehen oder fühlen können. Ich kenne Menschen, die Dinge wissen, die sie nicht wissen können etc. (und ich rede nicht von Cold Reading und so Unsinn).